Führung im Wandel: Christoph Heidler über die Bedeutung von Interim Leadership
- Daniel Rolla
- vor 3 Stunden
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Nach fast drei Jahrzehnten als CIO in führenden Schweizer und deutschen Unternehmen unterstützt Christoph Heidler heute Organisationen in Phasen von Umbruch und Transformation – in seiner Rolle als Co-CEO von Swiss Interim Management.

Heidlers Karriere umfasst rund 30 Jahre im Executive IT Management, darunter vier CIO-Positionen in Schweizer SMI- und deutschen DAX-Unternehmen. Seine erste Begegnung mit Swiss Interim Management hatte er 2011 bei der Leitung digitaler Initiativen bei Schindler Elevators in der Schweiz. Zunächst als Kunde, der Interim Executives einsetzte, übernahm er später selbst Beratungs- und Interimsmandate.
„Nach fast 30 Jahren im Corporate Life stellte ich mir die Frage, ob ich weiterhin einen Tanker steuern oder etwas Kleineres, Schnelleres, mit direkterem Einfluss führen möchte. Mir wurde klar, dass es Zeit war, unabhängiger zu arbeiten und dort zu wirken, wo ich unmittelbar etwas bewegen kann.“
Dieser Schritt markierte seinen Übergang ins Interim Management – ein Bereich, in dem erfahrene Führungskräfte in Situationen des Wandels eintreten und ab dem ersten Tag konkrete Resultate liefern.
Neudefinition von Bereitschaft in einer dynamischen Ära
Heidler sieht die wachsende Bedeutung von Interim Leadership als direkte Antwort auf die Geschwindigkeit und Volatilität heutiger Märkte.
„Unternehmen arbeiten in immer kürzeren Zyklen. Für lange Einarbeitungen oder vorsichtiges Ausprobieren fehlt die Zeit“, erklärt er. „Ein Interim Manager wird für einen spezifischen Moment ausgewählt – eine Transformation, eine Neuausrichtung, eine Expansion – und beginnt nach wenigen Tagen mit der Umsetzung.“
Interim Executives füllen nicht einfach eine Vakanz. Sie dienen als Katalysator für Veränderung – mit spezialisierten Erfahrungen und einer objektiven Sichtweise in Situationen, in denen Momentum entscheidend ist.
„Es geht darum, akute Anforderungen mit bewährter Expertise zu verbinden. Es bleibt keine Zeit, um langsam in die Rolle hineinzuwachsen.“
Der IMD-Blickwinkel: Digitale und organisatorische Horizonte erweitern
Heidlers Entscheidung, das IMD-Programm Leading AI and Digital Transformation zu absolvieren, basierte auf dem Wunsch, seine Wirkung als digitaler Führungskraft weiter zu stärken.
„IMD hat meinen Horizont erweitert“, erinnert er sich. „Wir haben nicht nur die Potenziale der Digitalisierung analysiert, sondern auch die organisatorischen Hebel, die Innovationen erst möglich machen. Agile Modelle, damals noch neu, konnte ich unmittelbar nach meiner Rückkehr anwenden.“
Das Programm veränderte auch seine Sicht auf Innovation und Scheitern.
„IMD hat mir gezeigt, dass nicht jede Innovation erfolgreich sein muss. Oft ist das Lernen aus einem Rückschlag der eigentliche Fortschritt.“
Diese Haltung – Lernen als Fortschritt zu betrachten – prägt bis heute sein Führungsverständnis in jedem neuen Mandat.
Führen in komplexen Situationen: Entschlossenheit und Empathie ausbalancieren
Interimsmandate beginnen häufig in Unsicherheit: Führungslücken, ins Stocken geratene Programme oder akute Krisen, die sofortiges Handeln erfordern. Heidler beschreibt Erfolg in solchen Momenten als Zusammenspiel aus Analyse und Menschlichkeit.
„Man kommt in ein Umfeld, das unter Spannung steht“, sagt er. „Menschen beobachten genau – manche sind besorgt, andere skeptisch. Die erste Aufgabe ist, Ruhe und Klarheit zu schaffen.“ Der Einstieg beginnt mit Zuhören.
„Bevor man Entscheidungen trifft, muss man verstehen, was den Menschen in der Organisation wirklich wichtig ist. Daten erzählen nur einen Teil der Geschichte – entscheidend sind auch unausgesprochene Dynamiken, Erschöpfung oder Zweifel.“
Für ihn liegt die Kunst im Ausbalancieren von Empathie und Entschlossenheit.
„Man braucht den Mut, ohne Zögern zu handeln – aber auch das Gespür, wann die Organisation bereit ist. Zu schnell verliert man die Abstimmung. Zu langsam verliert man Tempo. Die Kunst liegt im richtigen Moment.“
Den Betrieb führen, nicht nur beraten
Der Unterschied zwischen Interim Executives und Beratern ist für Heidler klar.
„Ein Consultant zeigt, wie es geht; ein Interim Manager übernimmt die Verantwortung“, sagt er. „Wir führen Teams, treffen operative Entscheidungen und liefern Ergebnisse. Das Mandat endet erst, wenn die definierten Resultate erreicht sind.“
Diese Verantwortung macht Interim Leadership zugleich anspruchsvoll und wirksam.
„Man kann sich nicht hinter Strategiefolien verstecken“, ergänzt er. „Man lebt täglich mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen.“
Gleichzeitig ermöglicht die Unabhängigkeit eine klare, sachliche Perspektive.
„Wir tragen nicht die Historie früherer interner Entscheidungen mit uns. Das erlaubt es, objektiv und im besten Interesse des Unternehmens zu entscheiden.“
Eine Karriere, die auf Veränderung ausgerichtet ist
Ob Cybersecurity-Programme, IT-Restrukturierungen oder digitale Transformation – Heidler findet besondere Erfüllung darin, Fortschritte rasch sichtbar zu machen.
„Im Interim Management sieht man die Wirkung sofort. Man analysiert, handelt – und nach wenigen Monaten sind die Ergebnisse sichtbar. Diese direkte Verbindung zwischen Entscheidung und Ergebnis ist sehr befriedigend.“
Er glaubt, dass viele Senior Executives an einen ähnlichen Wendepunkt gelangen.
„Irgendwann fragt man sich, ob man weiterhin komplexe Strukturen navigieren oder direkter wirken möchte. Interim Management ermöglicht es, jahrzehntelange Erfahrung auf konkrete Herausforderungen anzuwenden – eine Transformation nach der anderen.“
Ratschläge für Führungskräfte im Übergang
Für IMD-Alumni und Senior Executives, die eine berufliche Neuorientierung erwägen, hat Heidler klare Empfehlungen:
„Gerade in der Technologie ist vieles, was man heute lernt, morgen weniger relevant. Das ist kein Grund zur Sorge, sondern ein Anreiz, neugierig zu bleiben.“
Er beschreibt Unabhängigkeit als Weiterentwicklung von Verantwortung.
„Als Selbständiger lebt man von Reputation und Ergebnissen. Das ist anspruchsvoll – hält aber wach, konzentriert und wirksam.“
Brücke zwischen Praxis und Community
Für die Zukunft sieht Heidler großes Potenzial für die Zusammenarbeit zwischen Interim Executives und der IMD-Alumnigemeinschaft.
„Wir arbeiten täglich in Transformationsprozessen. Diese realen Erfahrungen mit IMD-Peers zu teilen, verbindet akademische Perspektiven mit operativer Umsetzung – und genau dort entsteht echtes Lernen.“
Originalartikel veröffentlicht auf: https://www.imd.org/news/digital/leading-through-transition-the-power-of-interim-leadership/
